infra und das aha - Tipps und Infos für junge Leute führen ein gemeinsames Projekt zum Thema sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum durch:
Kein Platz für Sexismus!
«Hesch mega geili Brüscht – dörfi mal?», «Hey Schätzli, wohi gosch?», «Dich würd' ich gern mal f****!». Sexuelle Belästigung ist im öffentlichen Raum allgegenwärtig. Die Kampagne «Kein Platz für Sexismus» setzt genau hier an. Mit verschiedenen Massnahmen soll ein Zeichen gesetzt werden. Sexuelle Belästigungen, die täglich passieren und nicht selten als «harmlos» und/oder «tolerierbar« eingestuft werden, sollen sichtbar gemacht und reflektiert werden.
Aber: Was ist denn eigentlich Sexismus?
Noch mehr Informationen:
Sexismus: Erkenne ihn. Benenne ihn. Beende ihn. (coe.int)
aha – Tipps & Infos für junge Leute - Sexismus
Youtube-Playlist von "Kein Platz für Sexismus"
Plakatkampagne
Herzstück der Kampagne sind die Plakate mit Sprüchen aus der Umfrage in der Bevölkerung vom Sommer 2021. Die Plakate zeigen auf, dass es «harmlos» oder «tolerierbar» bei sexueller Belästigung nicht gibt. Mit der Plakat-Aktion wird die Bevölkerung aufgefordert, zu reflektieren, hinzuschauen und sich dem Ausmass an sexueller Belästigung in der Öffentlichkeit bewusst zu werden. Ebenso soll die Aktion dazu anregen, sich über gängige Geschlechterrollen und -hierarchien zu unterhalten und diese gemeinsam zu hinterfragen. Sind solche Äusserungen wirklich «normal»? Welche Rollenvorstellungen begünstigen ein solches Verhalten? Und was können wir als Individuen, aber auch als Gesellschaft dagegen tun?
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Die Kampagne
Die Kampagne «Kein Platz für Sexismus» setzt bei der Belästigung im öffentlichen Raum an. Sie wurde auf Initiative der infra und dem aha (Tipps und Infos für junge Leute) gegründet und gemeinsam mit dem Fachbereich Chancengleichheit des Amtes für Soziale Dienste, dem kantonalen Kompetenzzentrum Integration und Gleichstellung (KIG) St. Gallen sowie der Abteilung Chancengleichheit Appenzell Ausserrhoden lanciert.
Die Projektgruppe plant unter anderem eine breit angelegte Plakataktion in St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und in Liechtenstein. Angelehnt an die internationale Bewegung der Catcalling-Accounts werden reale Sprüche und Kommentare auf grossen Plakaten im öffentlichen Raum publiziert – dort, wo Frauen und Männer sie tagtäglich erleben. Mit der Aktion wird die Bevölkerung aufgefordert, hinzuschauen und sich dem Ausmass an sexueller Belästigung bewusst zu werden. Die Plakatkampagne soll zudem als Grundlage dienen, sich über gängige Geschlechterstereotypen und -hierarchien sowie gewaltbegünstigende Geschlechternormen zu unterhalten – und diese gemeinsam zu hinterfragen. Sind solche Äusserungen wirklich «normal»? Welche Vorstellungen und Strukturen begünstigen ein solches Verhalten? Und was können wir als Individuen, aber auch als Gesellschaft dagegen tun? So sind als Begleitprogramm auch Workshops sowie Sensibilisierungsveranstaltungen für unterschiedliche Zielgruppen angedacht.
Nebst Sichtbarmachung, Sensibilisierung und Reflektion stehen für die Projektträgerinnen auch die Stärkung einer gemeinsamen Haltung in der Gesellschaft sowie das Empowerment (potentiell) betroffener Personen im Fokus. Gemeinsam soll ein Beitrag geleistet werden, dass sich alle Menschen im öffentlichen Raum sicher und frei bewegen können – ohne Angst, belästigt zu werden. Unterstrichen wird diese Botschaft mit dem eingängigen Kampagnen-Slogan «Mein Körper. Mein Raum. Mein Recht.»
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Veranstaltungen
15. September 2021: Auftaktveranstaltung, 16.00 Uhr, Busbahnhof Schaan
22. September 2021: Selbstbehauptungs-Workshop mit Bettina Schwung
Samstag, 2. April 2022, und Samstag, 9. April, jeweils 09:00 - 12:00 Uhr:
Selbstverteidigungskurs für Mädchen und Frauen12. Mai 2022: Digital-Talk zu «Street Harassment - Sexismus im öffentlichen Raum»
Link zum Video
PDF des Vortrags2. Juni 2022: Mein Körper. Mein Raum. Mein Recht. - Sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum. Infoveranstaltung zu sexueller Belästigung mit der Landespolizei und der Staatsanwaltschaft. Weitere Informationen: Mein Körper. Mein Raum. Mein Recht.
16. November 2022: Mein Körper. Mein Raum. Mein Recht. - Sexuelle Belästigung im am Arbeitsplatz. online-Informationsveranstaltung mit der infra-Anwältin Daniela Narr. Weitere Informationen: Mein Körper. Mein Raum. Mein Recht.
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Medienbeiträge
Seit Beginn der Kampagne "Kein Platz für Sexismus" sind einige Medienbeiträge erschienen und die beteiligten Organisationen haben ausgesprochen viel positive Resonanz erfahren. Das Thema bewegt die Menschen!
Hier eine Auswahl an Medienberichten und Forumsbeiträgen:
Forumsbeitrag "Verstehst du denn keinen Spass? - sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum"
Forumsbeitrag "Catcalling - bloss blöde Kommentare?"
Forumsbeitrag "Du musst dich nicht wundern, wenn man dich angrabscht"
Auftaktveranstaltung: Titelseite Liechtensteiner Vaterland
Auftaktveranstaltung: Berichterstattung Liechtensteiner Vaterland
Auftaktveranstaltung: Berichterstattung Liechtensteiner Volksblatt
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Beratungsstellen
- infra, Informations- und Beratungsstelle für Frauen, Tel. +423 232 08 80
- Frauenhaus Liechtenstein, Tel. +423 380 02 03, www.frauenhaus.li
- Opferhilfestelle Liechtenstein, Tel. +423 236 76 96, www.ohs.llv.li
- LANV Liecht. ArbeitnehmerInnenverband, Tel. +423 399 38 38, www.lanv.li
- Notruf der Landespolizei, Tel. 117
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Was ist Sexismus?
Sexismus ist ein Oberbegriff für eine breite Palette von bewusster oder unbewusster Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Grundlage von Sexismus sind sozial geteilte Geschlechtertheorien bzw. -vorurteile, die von einem ungleichen sozialen Status von Frauen und Männern ausgehen. Sie zeigen sich zum Beispiel in Geschlechterstereotypen, Rollenbildern und Verhaltensweisen. Dazu zählt auch sexuelle Belästigung. Sexuelle Belästigung ist eine Form der sexuellen Gewalt.
Sexuelle Gewalt an Frauen (und Männern) umfasst jede Form von erzwungenen sexuellen Handlungen und grenzver-
letzendem Verhalten mit sexuellem Bezug. Sie kommt in unterschiedlichen Kontexten vor: z.B. als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, im öffentlichen Raum, im Nachtleben, im ÖV, als erzwungener Geschlechtsverkehr in Ehe oder Partnerschaften oder als sexuelle Ausbeutung in einer Abhängigkeitsbeziehung. Die sexuelle Gewalt kann von unterschiedlichen Personen wie Vorgesetzten, Mitarbeitenden, Kolleg*innen und Unbekannten ausgehen. Bei sexueller Gewalt handelt es sich – neben der erzwungenen Befriedigung sexueller Bedürfnisse – oft um eine Form von Machtausübung, Erniedrigung und Demütigung. Dazu gehören: unerwünschte Körperkontakte, anzügliche Bemerkungen und sexistische Sprüche, Annäherungsversuche, die mit dem Versprechen von Vorteilen bzw. dem Androhen von Nachteilen einhergehen, Vorzeigen, Aufhängen oder Übermitteln von pornografischem Material, sexuelle und körperliche Übergriffe bis hin zur Nötigung und Vergewaltigung.Sexuelle Belästigung (§ 203 StGB), Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (§204a StGB), sexuelle Handlungen mit Abhängigen (§ 212 StGB), sexuelle Nötigung (§201 StGB) und Vergewaltigung (§ 200 StGB) sind Delikte, die strafrechtlich verfolgt werden.
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Sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum
Eineim Auftrag von Amnesty International vom Meinungsforschungsinstitut gfs Bern durchgeführte Studie liefert erstmals Zahlen zur Verbreitung von sexueller Gewalt an Frauen in der Schweiz. Befragt wurden rund 4'500 Frauen ab 16 Jahren. Ein grosser Anteil der befragten Frauen hat unterschiedliche Formen von sexueller Belästigung erlebt. Am häufigsten kommen Belästigungen in Form unerwünschter Berührungen, Umarmungen oder Küssen vor. 59 % der Befragten mussten bereits solche Erfahrungen machen. Viele wurden zudem mit sexuell suggestiven Kommentaren und Witzen (56%), mit einschüchterndem Anstarren (54%), unangenehmen Avancen (50%) oder aufdringlichen Kommentaren über den eigenen Körper (50%) konfrontiert. Belästigungen auf neuen Medien sind besonders die jüngeren Frauen ausgesetzt. So erhielten 57% der jüngsten Altersgruppe (unter 30 Jahren) unerwünscht sexuell eindeutige Nachrichten auf online-Kanälen.
Die Studie zeigt, dass sexuelle Belästigungen zu einem grossen Teil im öffentlichen Raum vorkommen. 56% der Frauen, die eine kritische Situation erlebt haben, wurden auf der Strasse bedrängt, weitere 46 % im öffentlichen Verkehr. 42% der Frauen erlebten sexuelle Belästigungen in Bars oder Clubs und 33% am Arbeitsplatz.
Die infra und das aha führten im Sommer 2021 eine Umfrage auf sozialen Netzwerken durch und fanden heraus: Sexuelle Belästigung ist auch in Liechtenstein allgegenwärtig. Die Sprüche und Kommentare, die sich vor allem Frauen und Mädchen anhören müssen, und das Ausmass, in dem sie fallen, sind schockierend. Es war klar, dass hier Handlungsbedarf besteht.
Ergebnisse der Umfrage: Zahlen und Fakten zur sexuellen Belästigung
Link zum Radio L Interview mit Karin Zürcher (infra) und Mirjam Schiffer (aha)
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Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Das Gleichstellungsgesetz erfasst sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als eine Form der Diskriminierung (Art. 4 GLG). Das Gesetz richtet sich an die Arbeitgebenden, die verpflichtet sind, Arbeitsbedingungen zu schaffen und Massnahmen zu ergreifen, die sexuelle Belästigung verhindern oder beseitigen. Die Besonderheit des Gleichstellungsgesetzes ist, dass die Klagepartei Diskriminierungen nicht streng beweisen, sondern lediglich glaubhaft machen muss. Ein Gerichtsverfahren ist trotzdem belastend. Es ist zentral, sich vorab von einer Fachstelle umfassend beraten zu lassen, um das Prozessrisiko einzuschätzen.