Bericht der Geschäftsführerin
Und erstens kommt es anders….
Der Rückblick 2020 auf Erlebtes und Erreichtes ist geprägt durch die Corona-Pandemie. Beim Schreiben dieser Zeilen sind wir in einer verordneten und verlängerten Winterruhe. Wir waren und sind alle mit Situationen konfrontiert, die weitgehend und fast ausschliesslich von der aktuellen Pandemie beeinflusst sind.
Erlebtes
Trotz des Lockdowns waren wir von Mitte März bis zur Lockerung der Massnahmen anfangs Mai immer telefonisch und per Mail erreichbar. Wir erwarteten, wie andere Beratungsstellen auch, einen Anstieg der Beratungen vor allem im Hinblick auf häusliche Gewalt. Wir lernten jedoch schnell, dass die Beratungen zur häuslichen Gewalt wie auch andere Beratungen während des Lockdowns stark zurückgingen. Wir können nur vermuten, dass es daran lag, dass die Bewegungsfreiheit in Liechtenstein nicht so stark eingeschränkt war wie in anderen europäischen Ländern. Und dass sich viele Frauen während des Lockdowns, als die ganze Familie zu Hause war, nicht melden wollten oder melden konnten. Für diese These spricht, dass die Beratungen nach dem Lockdown wieder anzogen.
Anfragen während des Lockdowns kamen vor allem zum Arbeitsrecht (Kündigungen), zur sozialen Sicherheit (Kurzarbeit) und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Homeoffice und Homeschooling). Was uns sicher längerfristig begleiten wird, sind die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise. Einige Frauen haben die Stelle verloren und stehen nun vor grossen finanziellen Problemen.
Alle unsere geplanten Veranstaltungen mussten wir absagen und ins 2021 verschieben. Einzig unsern dreiteiligen Kurs «integra abc» für Migrantinnen konnten wir im September zwischen der ersten und der zweiten Welle durchführen. Wir waren sehr motiviert, kehrte doch für wenige Wochen ein wenig Unbeschwertheit zurück.
Erreichtes
Anfangs Jahr präsentierten wir unseren bewährten Scheidungsratgeber in vierter Auflage.
Die Neuauflage berücksichtigt wichtige gesellschaftliche Entwicklungen wie die eingetragene Partnerschaft und ein neues Rollenverständnis rund um die Elternschaft. Der Ratgeber bietet betroffenen Paaren eine erste Orientierung, um sich auf den schwierigen Schritt vorzubereiten.
Auch gelang es uns, das infra spezial für Migrantinnen zum Aufenthaltsrecht zu überarbeiten. Diese Neuauflage gibt eine Übersicht über die ausländerrechtlichen Bestimmungen. Die Neuauflage zum Aufenthaltsrecht finden Sie hier.
Wir nutzten die ruhigere Zeit, um die Überarbeitung unserer Website in Angriff zu nehmen, dies auch im Hinblick auf unser 35-jähriges Jubiläum. Gleichzeitig mit dem neuen Internetauftritt stellen wir den Jahresbericht 2020 erstmals in digitaler Form vor. Wer es wünscht, kann unseren Jahresbericht als PDF-Dokument herunterladen.
Stellungnahmen
Die infra beteiligte sich an vier Stellungnahmen zu Gesetzesänderungen, die sich vor allem auf die Frauen in unserer Gesellschaft auswirken. Die Vernehmlassungen finden Sie hier.
Internationales
Im November fand ein Gespräch mit OSZE Wahlbeobachtenden statt. Als Vertreterin der infra und des Frauennetz Liechtenstein nahm ich an der Diskussion über die politische Vertretung der Frauen und deren Repräsentation in der liechtensteinischen Gesellschaft teil.
Ebenfalls kurz vor Ende Jahr fand ein virtueller Austausch von Frauenrechtsorganisationen aus Island, Norwegen, Liechtenstein und der Tschechei statt. Die infra berichtete über die aktuellen Entwicklungen in Liechtenstein und zeigte auf, wie wichtig es ist, dass Frauen richtig informiert sind, damit sie für ihre Rechte einstehen können.
Wir feiern nächstes Jahr 35 Jahre infra. Dieses Jubiläum ist nur möglich, weil wir seit Jahrzehnten den Rückhalt, die Unterstützung und das Vertrauen vieler Institutionen, Organisationen, Ämter und Stiftungen geniessen. Ihnen allen gehört mein grosser Dank. Ein besonderer Dank gilt Brigitte Rhiner und Karin Zürcher, den Vorstandsfrauen, den infra-Anwältinnen und dem integra-Team.
Petra Eichele