Projekte
Kein Platz für Sexismus
Mehr als die Hälfte aller Frauen in der Schweiz musste sich schon sexistische Kommentare über ihren Körper anhören, wurde blöd angemacht oder unerwünscht berührt. Von den unter 30-Jährigen haben 57 Prozent sexuell eindeutige Nachrichten oder Fotos auf Online-Kanälen erhalten.
Vor diesem Hintergrund führten wir im Sommer gemeinsam mit dem aha (aha - Tipps und Infos für junge Leute) eine Umfrage auf den sozialen Netzwerken durch und fanden heraus: Sexuelle Belästigung ist auch hierzulande allgegenwärtig. Die Sprüche und Kommentare, die sich vor allem Frauen und Mädchen anhören müssen, und das Ausmass, in dem sie fallen, sind schockierend. «Wenn du di so alescht, muasch di ned wundera, wenn ma di agrabscht», «För din Arsch brücht ma an Waffaschy» oder «Du bisch a Frau, du bisch Fickfleisch» sind nur einige davon.

Überregionale Kampagne
Auf der Basis dieser Umfrage entstand die Kampagne «Kein Platz für Sexismus», die durch uns und das aha initiiert wurde. Mittlerweile beteiligen sich auch der Fachbereich Chancengleichheit, das kantonale Kompetenzzentrum Integration und Gleichstellung (KIG) St. Gallen sowie die Abteilung Chancengleichheit Appenzell Ausserrhoden an der Kampagne. Mit unterschiedlichen Massnahmen soll ein Zeichen gegen sexuelle Belästigung gesetzt werden.
Angelehnt an die internationale Bewegung der Catcalling-Accounts werden reale Sprüche und Kommentare auf Plakaten im öffentlichen Raum publiziert – dort, wo Frauen und manchmal auch Männer sie tagtäglich erleben. Mit der Aktion wird die Bevölkerung aufgefordert, hinzuschauen und sich des Ausmasses an sexueller Belästigung bewusst zu werden. Die Plakatkampagne soll zudem als Grundlage dienen, sich über gängige Geschlechterstereotypen und -hierarchien sowie gewaltbegünstigende Geschlechternormen zu unterhalten und diese gemeinsam zu hinterfragen.
Nebst Sichtbarmachung, Sensibilisierung und Reflektion stehen auch die Stärkung einer gemeinsamen Haltung in der Gesellschaft sowie das Empowerment betroffener Personen im Fokus. Gemeinsam soll ein Beitrag dazu geleistet werden, dass sich alle Menschen im öffentlichen Raum sicher und frei bewegen können – ohne Angst, belästigt zu werden. Unterstrichen wird diese Botschaft mit dem eingängigen Kampagnen-Slogan «Mein Körper. Mein Raum. Mein Recht.»
infra-Veranstaltungen
Im Rahmen dieser Kampagne plant die infra im Jahr 2022 verschiedene Veranstaltungen, unter anderen einen Selbstverteidigungskurs für Frauen, Informationsveranstaltungen zu sexueller Belästigung im öffentlichen Raum und zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz sowie einen Workshop für Lernende zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.
Auftaktveranstaltung
Die Auftaktveranstaltung für Liechtenstein fand am 15. September am Busbahnhof in Schaan statt. Auf Bodenklebern wurden gesammelte Sprüche aus der Umfrage präsentiert. Die Sprüche sollen aufrütteln und zum Nachdenken anregen.
Vor Ort waren neben der infra und dem aha auch die offene Jugendarbeit (OJA) und die Gruppe Catcallsof.fl. Die OJA bot eine Spray-Aktion an, bei der sich Jugendliche und junge Erwachsene auf kreative Art und Weise mit dem Thema Sexismus und sexuelle Belästigung auseinandersetzen konnten. Eine «Chill-out-Area» lud Jung und Alt dazu ein, in gemütlicher Atmosphäre miteinander ins Gespräch zu kommen.
Während eines Monats klebten die Bodenkleber am Busbahnhof und am Lindaplatz sowie vor dem Rathaus in Schaan, im Städtle Vaduz und am Busbahnhof Bendern. Gleichzeitig wurden die Fahrgäste mit Clips auf den Busscreens auf das Thema und die Kampagne aufmerksam gemacht. Das aha erstellte zudem zwei Videos, die wir über die sozialen Medien in Umlauf brachten.
Damit die Kampagne über den Winter präsent blieb, veröffentlichten wir mehrere Artikel zum Thema Sexismus und Catcalling in den Tageszeitungen. Die Forumsbeiträge finden Sie hier.
Der Start der überregionalen Plakatkampagne wäre eigentlich während der Fasnacht 2022 vorgesehen gewesen. Da diese wegen der Pandemie abgesagt wurde, haben wir den Start auf den Frühling verschoben, die Zeit, in der man sich wieder vermehrt zu Fuss im öffentlichen Raum bewegt und auf Plätzen aufhält.
careforum.li
In Liechtenstein werden betagte Menschen zunehmend zu Hause betreut und gepflegt. Rund um die Uhr ist dabei mindestens eine Person für die betagte Person da. Diese häusliche 24-Stunden-Betreuung wird vorwiegend von Frauen aus wirtschaftlich ärmeren Ländern übernommen. Der Arbeitsplatz im Privathaushalt weist keine grosse Rechtssicherheit auf und birgt verschiedene arbeits- und menschenrechtliche Risiken, wie die vom Liechtenstein-Institut durchgeführte Studie 24-Stunden-Betreuung durch Care-Migrantinnen und Migranten in Liechtenstein aufzeigte.
Mit der neuen Plattform careforum.li setzen sich die infra, der Verein für Menschenrechte und der LANV für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der 24-Stunden-Betreuer*innen in Liechtenstein ein. Der Aufbau dieser niederschwelligen Informations- und Vernetzungsplattform soll der Information, Beratung und dem Austausch dienen und dadurch die 24-Stunden-Betreuer*innen in ihren Bedürfnissen unterstützen und in ihren Rechten stärken. Mit der Schaffung dieses Angebots möchten wir möglichst viele 24-Stunden-Betreuer*innen erreichen, die bei betreuungsbedürftigen Menschen wohnen und arbeiten. Geplant ist die Aufschaltung der Informationsplattform im zweiten Halbjahr 2022.
Anlagestrategien für Frauen
Mit unserem Zyklus «Frau und Finanzen», den wir jedes zweite Jahr durchführen, wollen wir dafür sorgen, dass Frauen trotz wechselnden Lebensphasen und tieferen Löhnen ihre eigene finanzielle Lebensplanung konsequent im Auge behalten.
Wie jedes Jahr führten wir im März drei Steuererklärungsworkshops durch, coronabedingt mit je nur neun Teilnehmerinnen und einer Referentin, der Treuhänderin Gabriela Eberle.
An drei weiteren Veranstaltungen erklärten Andreas Jäger, Abteilungsleiter Beiträge und Leistungen und stellvertretender Direktor der AHV, die Altersvorsorge im Bereich der AHV und Adrian Berger, Finanzplaner bei der Liechtensteinischen Landesbank, die Pensionskasse. Alle sechs Veranstaltungen waren sehr gut besucht.
Nachdem die Veranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie zweimal verschoben werden musste, konnten wir die seit 2019 geplante Veranstaltung „Anlagestrategien für Frauen“ endlich durchführen. Ein Grossteil der Frauen erreicht eine ausreichende Altersabsicherung nur über ihren Ehemann. Durch Teilzeitpensen oder Babypausen entstehen Vorsorgelücken, die nur durch eine private Vorsorge geschlossen oder zumindest abgeschwächt werden können.
Die Fondsmanagerin Jasmin Schmidle und die Kundenberaterin Bernadette Stark-Calörtscher stellten deshalb verschiedene Möglichkeiten vor, fürs Alter zu sparen und so die Vorsorgelücken auszugleichen. Sie vermittelten dazu die Grundlagen des Geldanlegens und zeigten auf, welche Möglichkeiten es gibt, das Vermögen – auch wenn es nicht gross ist – erfolgreich und sicher zu investieren. Die Referentinnen gaben einen Überblick über verschiedene Anlageprodukte: Fonds, Aktien, Obligationen… und erklärten deren Unterschiede, resp. Vor- und Nachteile je nach Lebenssituation und finanziellen Möglichkeiten. Auch diese Veranstaltung stiess auf viel Interesse. Das Feedback der Teilnehmerinnen war äusserst positiv. Wir überlegen uns, die Veranstaltung regelmässig in unser Programm aufzunehmen.
