Vernehmlassungen
Die infra nahm 2022 am Schattenbericht zur Istanbul-Konvention teil und äusserte sich zu zwei geplanten Gesetzesänderungen.
Schattenbericht zur Istanbul-Konvention
Die Istanbul-Konvention des Europarates trat für Liechtenstein im Oktober 2021 in Kraft. Die Umsetzung der Istanbul-Konvention beschäftigte die infra 2022 auf verschiedenen Ebenen.
Zoom-Veranstaltung zur Istanbul-Konvention, März 2022
Die infra und das Frauenhaus organisierten gemeinsam mit der Juristin Jasmin Beck eine Informationsveranstaltung zur Istanbul-Konvention. Die Veranstalterinnen zeigten auf, dass sich für Migrantinnen, deren Aufenthaltsstatus vom Ehemann abhängig ist, Situationen häuslicher Gewalt verschärfen und dass die Istanbul-Konvention dem Staat diesbezüglich mit Artikel 59 die Möglichkeit gibt, Gegensteuer zu geben.
Erster Fachaustausch zur Istanbul-Konvention am 29. Juni 2022
Im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Konvention setzte die Regierung eine Koordinierungsgruppe ein. Diese Koordinierungsgruppe, in der nur Behördenvertreter*innen einsitzen und die vom ASD präsidiert wird, lud verschiedene Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu einem Fachaustausch ein. Informiert wurde zum einen über den Ablauf der Überprüfung der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Liechtenstein durch die Grevio (Expertengruppe des Europarates). Zum anderen stellte die Koordinierungsgruppe die Ergebnisse der Umfrage vor, die sie unter den NGOs im Februar durchgeführt hatte. Hauptergebnis dieser Umfrage: Das Erreichen der Ziele stellt für alle Organisationen eine zentrale Herausforderung dar. Für die infra nahm Petra Eichele teil.
Treffen verschiedener NGOs mit Domenik Wanger am 23. September 2022
Beim Austausch zur Istanbul-Konvention mit Domenik Wanger, Botschafter Liechtensteins beim Europarat und Vizepräsident des Grevio-Sekretariats, nahm für das Frauennetz und die infra Petra Eichele teil.
Schattenbericht vom 15. Dezember 2022 zur Umsetzung der Istanbul-Konvention
Die Regierung legte der Grevio im Oktober ihren ersten Bericht zur Umsetzung der Konvention vor. In der Folge erstellten neun NGOs, darunter die infra, unter der Federführung des Vereins für Menschenrechte und unter Einbezug einer unabhängigen Rechtsexpertin einen Schattenbericht. Dieser enthält Empfehlungen zur Umsetzung der Konvention sowie Ergänzungen und Kommentare zum ersten Bericht der Regierung. Für die infra arbeiteten Petra Eichele und Corina Vogt-Beck am Schattenbericht mit. Alle am Schattenbericht beteiligten Organisationen sehen konkreten Handlungsbedarf in den vier Handlungsbereichen der Konvention: bei der Prävention, dem Schutz, der Strafverfolgung sowie den übergreifenden koordinierten Strategien. Vermisst wird eine staatliche Gewaltschutzstrategie, die mit den nötigen personellen und finanziellen Ressourcen umgesetzt wird. Zudem fordern die am Schattenbericht beteiligten Organisationen, dass Liechtenstein die Vorbehalte, die es bei der Ratifikation der Konvention anbrachte, zurückzieht bzw. nicht mehr verlängert.
Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend die Abänderung des Lehrerdienstgesetzes
Die infra und das Frauennetz regten an, mit der Vorlage betreffend die Abänderung des Lehrerdienstgesetzes auch Probleme in Bezug auf die Änderung unbefristeter und befristeter Dienstverhältnisse anzugehen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht seit Jahren auf der politischen Agenda, umso wichtiger ist es, flexible Arbeitsverhältnisse und Teilzeitarbeit für Männer und Frauen im öffentlichen und privaten Sektor zu fördern.
Aus unseren Beratungen wissen wir, dass es für Arbeitnehmer*innen kaum Möglichkeiten gibt, bestehende Arbeitspensen zu erhöhen bzw. zu reduzieren. Wir wissen, dass Frauen zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Ende des Mutterschaftsurlaubes gedrängt werden, da Pensumsreduktionen nicht gewährt werden.
Durch die Förderung unterschiedlichster Teilarbeitszeitmodelle soll Männern und Frauen die Möglichkeit gewährt werden, Verantwortung in der Familienarbeit (Erziehung, Betreuung, Pflege) zu übernehmen. Gerade der Staat mit seinem eigenen «Betrieb», der Landesverwaltung, könnte die nötigen familienpolitischen Massnahmen umsetzen und eine Vorbildfunktion für die Wirtschaft einnehmen.
Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend die Abänderung des Partnerschaftsgesetzes und des allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (Stiefkindadoption)
Die infra als Mitglied des Frauennetzes hat sich der Stellungnahme des Vereins für Menschenrechte (VMR), der OSKJ-Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche sowie des Frauennetzes Liechtenstein angeschlossen. Wir begrüssen die Einführung der Stiefkindadoption für eingetragene Partner*innen und Lebensgefährt*innen als einen wichtigen Schritt hin zur Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren und zur Stärkung der Rechte und des Schutzes der betroffenen Kinder.
Um tatsächliche Gleichbehandlung für gleichgeschlechtliche Paare zu erreichen und um den Schutz der Kinder gleichgeschlechtlicher Paare zu gewährleisten, sind nebst der diskriminierungsfreien Ausgestaltung des Adoptionsrechts jedoch noch weitere Massnahmen nötig: die Einführung der Fremdkind-Adoption für alle Erwachsenen ungeachtet ihres Zivilstandes und ihrer Lebensform sowie die Einführung der «Ehe für alle». Mit der Zulassung der Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare ist eine Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft nicht mehr sachlich begründbar, weil damit für beide Partnerschaftsformen die gemeinsame Elternschaft möglich ist.
Die Stellungnahmen mit weiteren Begründungen finden Sie unter Politik.